Sollbruchstellen
Ja, das ist schon ein Kreuz mit den Druckern und Co. Es geht durch alle Medien, dass die Hersteller elektronischer Geräte ihre Produkte für eine bestimmte Laufzeit projektieren. Die ist dann kaum länger als die Garantiezeit.
Dafür muss es aber Gründe geben - garantiert.
Hochproduktive Weltkonzerne sind auf Wachstum ausgerichtet und müssen produzieren, was das Zeug hält.
Ich habe aber bereits zwei Computer und zwei Drucker.
Mehr geht nicht.
Doch!
Die dürfen nur nicht so lange halten wie die eine antike Komode, die das Wohnzimmer ziert. Was lange hält (neudeutsch: nachhaltig ist), schwächt das Wachstum. Das heißt: als die olle Komode gezimmert wurde, haben die sich keine Platte um Volkswirtschaft gemacht.
Das ist aber ganz wichtig! Da kann man nicht daherreden, dass früher alles viel besser war, weil alles besser hielt.
Stellen wir uns einfach mal vor: Der Meister, sein Geselle und der Stift wollen mehr Komoden bauen. Er kauft eine neue Fräse, Dicktenbank und Säge, braucht nun noch zwei Gesellen und stellt viermal soviel her wie vorher. Das schafft nun Wachstum. Aber so schnell wachsen die Bauernstuben nicht nach. Mist! Maschinen abdecken, Gesellen zum Teufel geschickt und werkeln wie zuvor. Der hätte es sich nicht erlauben können, ein Tisch-oder Stuhlbein anzuspucken oder bei der Komode die Rückwand nach zwei Jahren rausfallen zu lassen, um wieder was zu tun zu haben. Der wäre im Ort durch gewesen. Der hatte vorher zwar Null-Wachstum, danach hätte er nicht mal mehr das! Der wär weg vom Fenster.
Heute ist die Wachstumsprognose für Ökonomen sowas wie die Liturgie beim Pfarrer. Und die muss sein.
HP und Co werden ja regelrecht gezwungen.
Ohh, HP hat voraussichtlich eine Minusbilanz. Bank an Vorstand: Hab ihr eure Techniker nicht im Griff?
Die Dinger dürfen einfach nicht mehr so lange halten wie ´ne olle Komode. Hab ich schon mal einen Banker oder Politiker gehört, der ausgerufen hat: Tretet kürzer, der Markt ist satt. Das wird sonst eine Inflat... zum Teufel, pfui Spucke - nich sowas.
Nee! Und nun mal ganz ehrlich. Wer rennt mit stolzer Brust mit einem drei Jahre altem Handy durch die Gegend. Das geht ja nun garnicht. Also, das kann ruhig schon vorher kaputtgehen. Das hat was mit Psychologie zu tun. Wer will nicht hipp sein. Das muss nur richtig verpackt werden.
Nicht das du dich über ein kaputtes Gerät ärgern sollst, nein - sieh es als Chance an, dich neu zu orientieren.
Das war doch genial, als tablets am Markt eingeführt wurden. Ich war ja völlig überrascht, als das Mäusekino als IN propagiert wurde. Ich war gerade vom 17" auf 19" aufgestiegen, weil - ja warum wohl! Ein Bekannter schwärmte geradezu von seinem neuen 104cm Bilddiagonale Flachbildschirm und nun das. Ich verstand die Welt nicht mehr. Was sollte denn das sein.
Mit einer technischen Sollbruchstelle vermochte ich das nicht in Verbindung bringen, aber mit rückläufigen Verkaufszahlen bei den herkömmlichen Computern. Gingen die etwa nicht mehr schnell genug kaputt.
Ich weiß, dass ich immer alles viel zu schwarz sehe. Aber weil Computerkonzerne ihren Erwartungszahlen hinterherrennen, wird die Userkuh am Nasenring durch den Markt gezogen und letztendlich vorgeführt.
Genau so ein kleines Ding - das hast du schon immer haben wollen! Wie? Natürlich! Das haben wir jetzt für dich. Du bist doch nicht blöd!
Nöö, ich nicht!
Wer denkt, da wäre nichts mehr draufzusetzen, der irrt.
Einfach nicht zu toppen war die Einführung des Apple X-Betriebsystems. Die Versionen wurden nach Tieren benannt. Ja ganz lustig. Die Zehn-Nuller-Version hatte noch den Namen von nem Affen "Cheetah", da muss man sich noch nicht gleich was bei denken. Aber dann: Puma, Jaguar, Panther, Tiger, Leopard und Lion folgten. Da war es raus.
Das sind nicht Amsel, Drossel, Fink und Star, nee, das sind Raubtiere.
Und so schamlos war denn auch noch niemand in eine Lämmerherde eingefallen, der Apple-Gemeinde, die es auszunehmen galt. Kein Anwenderprogramm lief unter dem neuen - die mussten updatet werden. Syntax für "application update" für Nichtsprachgewandte: Kohle her, sonst läuft nix! Die iPhone-Fans lernen das später als apps kennen.
Und was ist da nun so erwähnenswertes dran. Na die frenetische, hypnotisierte, über alles erhabene Apple-Glaubensgemeinschaft. In der war ich übrigens bis dahin auch, nur nicht hypnotisiert.
Apple war nie billig, preislich als auch inhaltlich, bis zum Neuner auf jeden Fall alles adequat. Der Visionär Stevie hatte Apple aus dem Tal der Eingeweiten in die Öffentlichkeit gezogen, wollte aber auch (wahrscheinlich) so wie Billy werden. Du bist ja (ne ich) schon wieder so alles in den Dreck ziehend. Das ist nämlich jetzt alles so toll. Das Betriebsystem hat nun einen Unix-Kernel.
Hää? Äppel haben halt Kerne. Was elektrisiert dich denn daran. Für mich läuft das nun finanziell aus dem Ruder. Und außerdem brauch ich ein Arbeitspferd und keine hippe Schreibtischoberfläche. Die ist für Muttis gedacht, die wissen wollen, ob der Joghurt linksrumdreht oder so. Dafür reicht allerdings auch ein Tablet. Na also!
Die Sollbruchstelle war genial.
Juni 2013